Um es kurz zu machen: man ist als Fotograf unter den Corona-Regeln gezwungen neue Perspektiven zu finden, vielleicht mehr mit dem Tele-Objektiv als mit dem Weitwinkel zu arbeiten, sich mehr auf eine Person im Bild zu konzentrieren, als auf mehrere, oder alternative „Bildberichterstattung“ umzusetzen (Beispiel: statt die Mitglieder der Bürgerinitiative, die neue Radwege fordert, im Gruppenfoto zu zeigen, einfach ein Situationsbild [z.B. „Radfahrer im gefährlichen Straßenverkehr”] fotografieren, welches für das Thema steht).
Foto-Journalisten bebildern Nachrichten und Nachrichten werden von Menschen gemacht. Diese Menschen tun etwas, was berichtenswert ist; sie sagen Dinge, die von Bedeutung sind; sie stehen für etwas, über das berichtet werden soll.
Zum allergrößten Teil befinden sich Menschen auf „Zeitungsbildern“.
Oft stellen sie Thesen auf, erklären oder beklagen etwas, schildern ihre Meinung … – und mit all‘ dem drücken sie Gefühle aus, nehmen Stellung, kritisieren, oder loben. Das tun sie im Laufe eines Gespräches und während sie reden unterstreichen sie ihre Worte mit Gesten und Mimik.
Darauf sind Fotografen aus !
Fotografen transportieren keinen Ton und keine Geräusche, „nur“ stumme Bilder, jedoch am besten mit ein wenig “Action”.
Das Problem mit dem Mund-/Nasenschutz
Trägt nun jemand einen Mund-/Nasenschutz verschwinden hinter diesem nicht nur Viren und Aerosole, sondern auch Gesichtsmimik und persönlicher Ausdruck, Anteilnahme.
Einen Menschen mit Mund-/Nasenschutz zu fotografieren ist in den meisten Fällen fast schon uninteressant. Gefühl ausdrückende Mimik – hängende Mundwinkel, ein Grinsen, „Zähne zeigen“, Freude, Trauer, … – wird nicht mehr im Foto transportiert.
Um das zu vermeiden bitte ich in „Corona-Zeiten“ die Menschen, die ich ablichte, für den Moment der Aufnahme – oder während eines Interviews – auf die Maske zu verzichten. Natürlich unter Berücksichtigung aller anderen Corona-Regeln (Kontakt vermeiden, Mindestabstand, …). Das klappt in der Regel auch, und wenn man ein solches Vorgehen den zu Fotografierenden stichhaltig erklärt, dann stößt man schnell auf Verständnis.
Gruppenaufnahmen
Bei Gruppenaufnahmen sieht das dann schon anders aus.
Mindestabstand ist dann das wichtigste Gebot und oft kann selbst für den Moment der Aufnahme nicht auf das Tragen der Maske verzichtet werden. Gruppenbilder mit Mindestabstand geraten schnell zu „Suchbildern“. Die Abstände zwischen den gezeigten Menschen sind schon recht groß, dadurch werden die Körper – und erst recht die Gesichter – kleiner und somit schwieriger zu erkennen.
Wenn möglich verzichte ich auf ein Gruppenbild, doch das geht nicht immer.
Der Gebrauch eines Tele-Objektives kann helfen die Räume zwischen den gezeigten Menschen optisch zu verringern. Eine geschickte „Staffelung“ der Gruppenmitglieder macht auch einiges aus, und nicht zuletzt die Fotografenposition selbst (ein wenig von oben / von über den Köpfen der Gruppe …) lindert die Folgen des „Corona-Abstandsgebotes“ ein wenig.
Das geht, … wenn auch nicht immer zufriedenstellend. Fotografieren unter Corona-Regeln braucht ein wenig Übung, Erklärung und Verständnis – vor und hinter der Kamera !
Aber mal ehrlich: ich freue mich ganz doll auf das wieder „barrierefreie“ Fotografieren nach Corona !!!
Matthias Graben, Fotograf und Trainer